Samstag Abend

Leise hat sich der Abend angekuendigt. Nun ist er in milder Kuehle in der Stadt eingetroffen. Ich giesse auf dem Balkon meine Blumen, von der Sommerhitze matt und muede wie die Menschen. Begierig saugt die trockene Erde das willkommene Nass auf.
Hinter den Toren der Altstadt leuchtet in gruenen Neonfarben ein Minarett zu mir herueber. Ich lausche dem Tellerklappern der Nachbarn, die den Shabbatausgang feiern. Gegenueber im Erdgeschoss hoere ich die orthodoxe Familie beten. Eine neue Woche beginnt. Und so begruesst man sich nun mit den Worten „Shavua tov“ – „Eine gute Woche“.
Der Kater hat sich auf dem Bett zusammengerollt und schlaeft. Wahrscheinlich traeumt er von Abenteuern. Jenen, die er bereits erlebt hat, oder jenen, zu denen er nun bald aufbrechen wird in die kuehle Nacht.
Am dunklen Himmel glitzern Sterne. Ein leichter Wind weht und laesst mich froesteln.
Mit einer Strickjacke ueber den Schultern geniesse ich die Ruhe und Stille in meinem Viertel und hoere dem Muezzin zu, der zum Gebet ruft. Beharrlich schallen die „Allahu Akbar“ – „Gott ist groesser“ Rufe zu mir herueber.
Irgendwo bellt ein Hund. Zwei Strassenkatzen kaempfen im Garten des Nachbarn einen wilden Kampf, der im Sieg der einen ueber die andere enden wird. Wenigstens fuer diesen Abend.
Wasser plaetschert aus einem Sprenkler auf den kuemmerlichen Rasen und die sorgfaeltig gepflegten Blumen. Der Feigenbaum stroemt einen suessen Geruch nach reifen Fruechten aus, der sich mit dem zarten Duft meines geliebten Jasmins vermischt.
Mit einem Glas schweren roten Weins aus den Golanhoehen verabschiede ich mich in Frieden von diesem Tag.

4 Gedanken zu “Samstag Abend

  1. Es ist doch immer wieder faszinierend, wie man durch eine bildliche Erzaehlweise auf die Reise in fernes Land geht. Danke fuer diesen kleinen und wundervollen Ausflug!

    Ich wuensch dir nicht nur fuer jeden Abend einen friedliche Abschied sondern auch immer wieder einen Morgen im Frieden!

    Liebe Gruesse
    Jeannette

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    1. Gern geschehen (-:
      Ich freue mich immer, wenn ich jemandem „meine“ Stadt naeher bringen kann.

      Und Danke fuer die guten Wuensche. Morgens habe ich fuer diesen Frieden meist keine Zeit, weil ich zu spaet aufstehe und dann zur Arbeit hetze…

      Liebe Gruesse nach Boston!

      Annika

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  2. Dein Beitrag hat mich sehr erfreut, deinen Blog habe ich mir mit Interesse angeschaut. Mit Belustigung habe ich feststellen müssen, dass wir gemeinsame Interessen haben – haupt. das Kochen, Reisen, und ich füge dazu noch Lesen und auch Studieren. Trozdem, dass ich aus dem Studiumalter raus bin, belege ich an der Uni immer noch gern ein – zwei Seminare um meinen Hirn zu schärfen. DieSituation in Israel macht mich krank, ich selbst komme aus einem kleinem Volk, die ganze Geschichte hatten wir zu kämpfen um nicht im Würgegriff des übermächtigen Nachbarn zu verschwinden. Die Reaktionen hier und anders in Europa kann ich nur als arogand bis ignorant bezeichnen. So lange die kleinen Völker leiden, ist es uninteressant. Die Geshcichte wiederholt sich leider immer.

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    1. Ich denke, vieles ist ganz einfach Unverstaendnis und Unkenntnis. Was mich so aergert, ist, dass sie so tun, als wuessten sie alles, obwohl das gar nicht stimmt!
      Kritik ist ja wichtig, aber sie sollte nicht aus Schlagwoertern bestehen.
      Es freut mich, dass Dir mein Blog gefaellt (-:
      Habe leider momentan wenig Zeit, etwas zu schreiben.
      Liebe Gruesse aus Jerusalem!

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